Uniklinikum Würzburg – Vom Luitpoldkrankenhaus zum Luitpold-Campus (1921-2021)

thumbnail METTENLEITER 1921 vom Luitpoldkrankenhaus zumvon Andreas Mettenleiter

Band 1. Herausgegeben vom Vorstand des Universitätsklinikums Würzburg und bearbeitet von Andreas Mettenleiter. Universitätsklinikum Würzburg, 2021, 112 Seiten, kartoniert, 18,00 €, ISBN 978-3-00-070503-8

 

Das Universitätsklinikum Würzburg (UKW) kann auf eine mehr als 400-jährige Geschichte zurückblicken. Ein zentraler Meilenstein in der Entwicklung der Einrichtung war dabei die Eröffnung des Luitpoldkrankenhauses – pünktlich zum Semesterbeginn – am 2. November 1921. Die bis dahin in der Würzburger Innenstadt untergebrachten Kliniken waren Ende des 19. Jahrhunderts zusehends an ihre räumlichen Grenzen gestoßen. Mit dem Neubau und Umzug in den Würzburger Stadtteil Grombühl vor 100 Jahren wurde zugleich das Fundament für den bis heute in stetigem Wachstum begriffenen Luitpold-Campus gelegt.

Anlässlich des runden Jubiläums hat der Vorstand des Universitätsklinikums Würzburg die Festschrift „Vom Luitpoldkrankenhaus zum Luitpold-Campus – 1921-2021“ herausgegeben, zu der Dr. Markus Söder (Bayerischer Ministerpräsident), Barbara Stamm (Präsidentin des Bayerischen Landtags a. D.), Bernd Sibler (Bayerischer Staatssekretär für Wissenschaft und Kunst), Prof. Dr. Paul Pauli (Präsident Julius-Maximilians-Universität Würzburg), Christian Schuchardt (Oberbürgermeister) und Thomas Eberth (Landrat) jeweils Grußworte (S. 6-11) beigesteuert haben.

Für den Text zeichnet sich der Arzt und Medizinhistoriker Andreas Mettenleiter (Jahrgang 1968) verantwortlich, der unter anderem 2012 das zweibändige Werk „Unterhaltsames und Kurioses aus der Geschichte des Würzburger Juliusspitals“ sowie in der Reihe „Aus Würzburgs Stadt- und Universitätsgeschichte“ mehrere Bände veröffentlichte, darunter 2017 „‚Denk ich an Würzburg …‘ – Zeitgenossen über ihre Stadt“ und 2020 „Würzburg 16. März 1945. Dokumentation zum 75. Jahrestag der Zerstörung“. In seinem Vorwort weist der Autor auf die mit dem Verfassen der Arbeit verbundene Herausforderung hin, die Faktenfülle so zu bearbeiten, dass alles so angemessen wie ausgewogen berücksichtigt wird. Dies habe nur durch die bewusste Reduktion auf Exemplarisches gelingen können – eine erschöpfende Darstellung sei im vorgesehenen Rahmen hingegen nicht möglich gewesen. Außerdem erfordere die „Gleitsichtbrille“ des Medizinhistorikers einen zeitlichen Mindestabstand, um Ereignisse in größere Zusammenhänge einordnen zu können. Zu Bedeutung und Intention der Festschrift hält er sodann wörtlich fest: „Ziel war es daher, grobe Entwicklungslinien aufzuzeigen und Zusammenhänge deutlich zu machen, die in der Fülle von Einzelinformationen oft unterzugehen drohen – der Rückblick bietet Gelegenheit, innezuhalten, um über das ‚Woher‘ und ‚Wohin‘ nachzudenken, über Zeitgeist und zeitweiligen Ungeist“ (S. 12).

Das gut hundert Seiten starke Buch gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil („Vom Juliusspital zum Luitpoldkrankenhaus“) gibt Andreas Mettenleiter zunächst einen kurzen Überblick zur Geschichte des Würzburger Klinikums (S. 16-19), bevor er die zeitgenössischen Grundkonstellationen und Grundkonflikte beleuchtet (S. 17-23) und dann die konkreten Planungen ab 1895 nachzeichnet (S. 24-39). Wie er hierbei anhand der nicht immer sachlichen Diskussion in der Lokalpresse, den Verwaltungsberichten der Stadt Würzburg, den Jahreschroniken der Rektoratsreden und den stenographierten Landtagsprotokollen anschaulich zeigt, waren dem Spatenstich für das Luitpoldkrankenhaus 1912 und der offiziellen Einweihung 1921 lange Überlegungen, zähe Verhandlungen und kriegsbedingte Verzögerungen vorausgegangen.

Im zweiten Teil („Epochen“) lässt der Autor die hundertjährige Geschichte vom Luitpoldkrankenhaus zum Luitpold-Campus Revue passieren. Hierbei schildert er, untergliedert in die fünf Kapitel „Schwierige Anfänge (1921-1933)“ (S. 42-51), „Im Schatten des Hakenkreuzes (1933-1945)“ (S. 52-65), „Zerstörung und Jahre des Wiederaufbaus (1945-1970)“ (S. 66-83), „Aufbau und neue Konzepte (1970-2004)“ (S. 84-89) und „ZIM, ZOM, Rudolf-Virchow-Zentrum…“ (S. 90-99), die Entwicklung der Einrichtung von den schwierigen Anfangsjahren über die NS- und Kriegszeit, der Zerstörung und dem Wiederaufbau, dem der stufenweise Ausbau des Universitätsklinikums in Grombühl folgten, bis hin zum Einzug vom ZOM (Zentrum für Operative Medizin) und ZIM (Zentrum für Innere Medizin) Anfang des 21. Jahrhunderts. Heute ist der „Luitpold-Campus“ nicht nur Sitz von zahlreichen Kliniken und Universitäts-Instituten, sondern auch Standort bedeutender Forschungseinrichtungen, mit über 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie rund 3.000 Medizinstudierenden.

Ergänzt wird die Darstellung durch einen Anhang (S. 100-112) mit Endnoten, Bildquellennachweis, Personenregister, Lageplänen zur Entwicklung des Luitpold-Campus (alte Gebäudebezeichnungen) und Luitpold-Campus heute sowie einer Auflistung der Dekane, Rektoren und Ärztlichen Direktoren.

Im Unterschied zu vergleichbaren Publikationen ist bemerkenswert, dass in der vorliegenden Festschrift nicht nur die medizinischen Leistungen gewürdigt werden, sondern immer wieder auch die Situation der Pflegekräfte zu Wort kommt, wie das nachfolgende Beispiel (S. 85) zeigt. Während im Luitpoldkrankenhaus noch Mitte der 1950er Jahre die Pflege fast ausschließlich in den Händen der seit Oktober 1854 in Würzburg wirkenden Niederbronner Schwestern oder „Erlöserschwestern“ – „Kongregation der Töchter des Allerheiligsten Erlösers“, seit 1969 „Schwestern des Erlösers“ – lag, standen 1966 den 130 Ordensschwestern, die noch in vier von sieben Kliniken tätig waren, bereits 195 freie Schwestern gegenüber. Anwerbeversuche ausländischer Kräfte hätten sich unterdessen als schwierig gestaltet: 1963 seien achtzehn und 1966 vier examinierte Krankenschwestern aus der Türkei gekommen, deren Einarbeitung sich aber als zeitaufwendig und kostenintensiv erwies. Erfolgreich, aber letztlich auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sei die Initiative gewesen, koreanische Schwestern anzuwerben. 1970 hätte am Straubmühlweg ein weiteres Schwesternheim mit Apartments, eine Krankenpflegeschule sowie eine MTA-Schule mit Unterrichts-, Aufenthalts- und Wohnräumen als Neubau eingeweiht werden können.

Insgesamt betrachtet gewährt die ansprechend gestaltete und kurzweilig zu lesende Veröffentlichung, die durch zahlreiche zeitgenössische und aktuelle Schwarzweiß- und Farbfotos sowie mehrere Pläne illustriert wird, tiefe Einblicke in die einhundert Jahre bewegte Würzburger Klinikumsgeschichte, die man immer wieder gerne zur Hand nimmt. 

Eine Rezension von Dr. Hubert Kolling