125 Jahre Deutsches Rotes Kreuz in Eisenberg (1896 – 2021)


GREIBICH 125 Jahre DRK in Eisenbergvon Bernd Greibich

Auftraggeber: Rotkreuzgemeinschaft Eisenberg, DRK- Kreisverband Jena-Eisenberg-Stadtroda e. V.. Redaktion: Bernd Greibich, Heinz Harnisch, Roland Pöpel, Klaus Meißner. Selbstverlag, Eisenach, 2021, 237 Seiten mit zahlreichen Schwarzweiß- und Farbabbildungen, Festeinband, ohne ISBN

Bei der Unwetterkatastrophe im Juli 2021, von der insbesondere Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz betroffen waren, wo mindestens 180 Menschen starben, waren viele tausend Helfer*innen von den verschiedensten Hilfsorganisationen im Einsatz, darunter auch ein Sanitäts- und Betreuungszug vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) aus Eisenberg (Thüringen). Am 2. September 1896 als Sanitätskolonne gegründet, konnte die Rotkreuzgemeinschaft in Eisenberg – heute rund 10.000 Einwohner zählende Kreisstadt des Saale-Holzland-Kreises, auf halbem Weg zwischen Jena und Gera gelegen – wenige Monate später ihr 125-jähriges Jubiläum feiern. In einer kleinen, der Coronapandemie entsprechenden Festveranstaltung, in der Stadthalle Eisenberg, ließ man hierzu im Beisein von zahlreichen Ehrengästen die Vereinsgeschichte Revue passieren. Zugleich erschien zu dem bedeutenden Jubiläum im Auftrag der Rotkreuzgemeinschaft Eisenberg, DRK – Kreisverband Jena-Eisenberg-Stadtroda e. V., die vorliegende Chronik, die von der Arbeitsgruppe „Geschichte“ des DRK-Landesverbandes Thüringen und dem DRK-Kreisverband Jena-Eisenberg-Stadtroda e. V. unter der federführenden Leitung des Eisenberger Heimatforschers Bernd Greibich verfasst wurde. Der Autor, der 2016 das Buch „Flurnamen der Stadt Eisenberg“ veröffentlichte, war dabei selbst 50 Jahre im DRK aktiv.

Zu dem gut 200 Seiten starken Band, der sich im DIN-A-4 Format mit Festeinband präsentiert, steuerte Gerhard Bayer, Präsident des DRK-Kreisverbandes Jena-Eisenberg-Stadtroda e. V., ein Geleitwort bei, in dem er zur Bedeutung und Intention der Schrift festhält: „Die Ihnen vorliegende Chronik soll nicht nur an das Vergangene erinnern, sondern es soll die Geschichte der letzten 125 Jahre des Deutschen Roten Kreuzes in Eisenberg für alle interessierten Leser und Leserinnen und Freunde des Deutschen Roten Kreuzes auch heute greifbar und verständlich machen“ (S. 9).

Ausgehend von der ersten organisierten Hilfe – im Eisenberger Nonnenkloster wurde bereits 1255 urkundlich ein Hospital erwähnt, in dem erkrankte und arme Eisenberger Linderung und Betreuung erfuhren – und einem Überblick (von E. Krumbholz) über das Pestjahr 1598 in Eisenberg, lenkt die Chronik den Blick zunächst auf das Wirken von Henry Dunant (1828 – 1910), den Gründer des Roten Kreuzes, und die Bedeutung der am 22. August 1864 verabschiedeten Genfer Konvention.

Nachdem im Verlauf des deutsch-französischen Krieges bereits am 26. Juli 1870 in Eisenberg ein „Verein zur Linderung der Kriegsnoth“ ins Leben gerufen worden war, gab der Generaloberarzt der Reserve, Dr. med. Emil Friedrich, die Anregung zur „Gründung der Sanitätskolonne Eisenberg“, die am 2. September 1896 erfolgte. Vorgestellt werden in diesem Zusammenhang Persönlichkeiten der Gründerzeit und die weitere Entwicklung der Vereinigung bis zum Ende des Ersten Weltkriegs (1914 – 1918), ebenso wie das Else-Heim (Schwestern-Erholungsheim und Waisenhaus Saasa), das am 10. Juli 1915 eröffnet wurde und Platz bot für 36 Waisenkinder und 50 Erholungsschwestern. Eingefügt findet sich hier (S. 36) auch die von Horst-Peter Wolff (1934 – 2017) verfasste Kurzbiographie über die dort wirkende Generaloberin a. D. Elisabeth Tomilius (1868 – 1945), die im ersten Band des „Biographischen Lexikons zur Pflegegeschichte“ (Berlin, Wiesbaden 1997) erschien.

Entsprechend einer Chronik wird sodann die Zeit im Dritten Reich (1933 – 1945) dokumentiert, wobei insbesondere das bislang weitgehend unbekannte Kapitel über „Die Krankenhaus-Sonderanlage ‚Aktion Brandt‘ Eisenberg“ (S. 54 – 68) von besonderer Bedeutung ist. Die mit Geldern vom DRK bezahlte Einrichtung wurde jedoch nicht im Rahmen der NS-„Euthanasie“ genutzt, da es sich um einen getarnten Standort für ein geplantes Raketenprogramm der Schutzstaffel (SS) handelte. Hier befand sich auch der Baustab dieser Organisation, wobei die SS bis Mitte 1944 die getarnten Anlagen selbst zurückbaute, nachdem sie aus dem entsprechenden Programm wieder ausgestiegen war.

Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auch auf den Umgang mit Kriegsverbrechern in der Nachkriegszeit, konkret auf den verschleierten Lebensweg von Prof. Dr. Ernst Holzlöhner (1899 – 1945), der im Konzentrationslager Dachau ab August 1942 Unterkühlungsversuche im Auftrag der Luftwaffe durchführte, bei denen Gefangene gezielt unterkühlt wurden, um sie anschließend mit verschiedenen Methoden wieder zu erwärmen.

In chronologischer Reihenfolge werden sodann der Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945) vorgestellt, wo zunächst das neu gebildete Gesundheitswesen und der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund mit seinem Gesundheitsdienst sowie die Volkssolidarität die Aufgaben des verbotenen DRK übernahmen. Zur Sprache kommen schließlich die Gründung des Deutschen Roten Kreuzes in der DDR 1952, die Aktivitäten des DRK in Eisenberg bis zur Wende 1989/90 sowie dessen weitere Entwicklung bis zum Jubiläumsjahr 2021.

Ergänzt wird die Darstellung durch Übersichten der leitenden Personen im DRK Eisenberg von der Gründung bis heute, eine Eisenberger Zeittafel (von 1171 bis 2018), eine geschichtliche Zeittafel der Medizingeschichte (von der Jungsteinzeit bis 2001), eine Auflistung der Fahrzeuge im DRK in der DDR (1953 – 1990), ein Abkürzungsverzeichnis sowie ein Quellen-, Literatur- und Bildnachweis.

Während im Text gelegentlich auf einzelne Quellen verwiesen wird, wurde auf einen Anmerkungsapparat verzichtet. Dieser wäre im Hinblick auf eine weitergehende Beschäftigung oder die Untersuchung von Einzelfragen durchaus sinnvoll und vor allem nützlich gewesen, stützt sich die Chronik neben zeitgenössischen Veröffentlichungen doch auch auf eine ganze Reihe von Archivalien aus mehr als 30 Archiven, darunter beispielsweise das Thüringer Staatsarchiv Altenburg, das Thüringer Landesarchiv-Hauptstaatsarchiv Weimar, das Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde, das Historische Archiv DRK – Generalsekretariat Berlin und das Stadtarchiv Eisenberg.

Da ein Bild bekanntlich mehr als 1000 Worte sagt, enthält die Chronik auch eine Vielzahl von Farb- und Schwarzweiß-Abbildungen, wobei neben historischen und aktuellen Fotos auch eine Reihe von Dokumenten abgedruckt sind. Während die meisten dabei eine ansehnliche Größe haben, sind einige, wie beispielsweise auf den Seiten 26, 27, 29, 57, 58 oder 59, jedoch derart klein wiedergegeben, dass ihr Aussagewert merklich leidet. Darüber hinaus hätte man sich in vielen Fällen eine präzisere Bildbeschriftung gewünscht, insbesondere hinsichtlich des Entstehungszeitpunkts der jeweiligen Aufnahmen.

Trotz der zuvor genannten Kritikpunkte, die lediglich unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten von Belang sind, kann sich das DRK in Eisenberg glücklich darüber schätzen, dass es ein solch umfangreiches Werk zu seiner 125-jährigen Geschichte gibt. „In stetiger Erinnerung und Dankbarkeit für die geleistete Arbeit im Roten Kreuz“ hat die Rotkreuzgemeinschaft Eisenberg, DRK – Kreisverband Jena-Eisenberg-Stadtroda e. V. ihre Chronik „allen Helfern, Mitarbeitern, Sanitätern, Krankentransporteuren, Schwesternhelferinnen, Schwestern und Ärzten sowie allen Fördermitgliedern und Sponsoren“ gewidmet. An der Lektüre, die zugleich ein wichtiger Baustein zur Stadtgeschichte von Eisenberg ist, werden jedoch – und zwar weit über die Stadtgrenzen hinaus – alle ihre Freude haben, denen die Geschichte des DRK am Herzen liegt.

Eine Rezension von Dr. Hubert Kolling